Hausmeinung Beteiligungsstrukturen

Sozial-ökologische Bewertung von Beteiligungsstrukturen bei Kreditnehmern

Seit Gründung der GLS Bank stehen die Kreditfinanzierungen für Firmenkund*innen mit sozial-ökologischen Vorhaben im Mittelpunkt der Arbeit. Noch vor der Prüfung der Bonität erfolgt die sozial-ökologische, also inhaltliche Kreditentscheidung. Den Orientierungsrahmen für diese inhaltliche Kreditentscheidung bilden das Leitbild, die Anlage- und Finanzierungsgrundsätze und die Zukunftsbilder.

In der praktischen Anwendung dieses Orientierungsrahmens wurden über die Jahre Entscheidungsgesichtspunkte erarbeitet, unter anderem die Berücksichtigung von Beteiligungsstrukturen (z.B. Mutter- oder Tochter-Beziehungen) des Kreditnehmers bzw. einer Projektgesellschaft. Bei Kreditanfragen werden - sofern vorhanden - auch die Muttergesellschaft bzw. wesentliche Beteiligungen geprüft. Auf dieser Grundlage werden Anfragen im Einzelfall abgelehnt, sobald eine Kontroverse bei der Muttergesellschaft oder einem Beteiligungspartner vorliegt - auch wenn das zu finanzierende Projekt selbst sehr positiv beurteilt wurde.

Handlungsrahmen

Damit jedoch inhaltlich wertvolle Projekte nicht automatisch abgelehnt werden, weil ein Konflikt auf Beteiligungsebene vorliegt, haben wir einen klaren Handlungsrahmen für inhaltliche Kreditentscheidungen bei Mutter-Tochter-Konstellationen festgelegt:

  • Die inhaltliche Prüfung auf Grundlage der Anlage- und Finanzierungsgrundsätze, des Leitbilds und der Zukunftsbilder wird bei Beteiligungsanteilen bis 20 Prozent durch die Firmenkundenbetreuer*innen in Eigenverantwortung vorgenommen und dokumentiert.
  • Ab einer Beteiligung von 20 Prozent (Relevanzschwelle) werden entsprechende Sachverhalte und Zielkonflikte dem Gremium "inhaltliche Kreditvorabstimmung" zur Entscheidung vorgelegt. Damit haben wir uns bewusst für eine Güterabwägung im Einzelfall entschieden: auch Kreditanfragen mit Beteiligungen über 20 Prozent von Unternehmen, die nicht eindeutig mit dem Orientierungsrahmen in Einklang stehen, können positiv entschieden werden, wenn das entsprechende Projekt folgende Merkmale aufweist.
  1. Die strategische Bedeutung des Projekts für die Lösung drängender gesellschaftlicher Herausforderungen und das Erreichen des branchenspezifischen Zukunftsbildes überwiegen eine potenzielle negative Tangierung des Orientierungsrahmens. Das Projekt hat Relevanz für die Entwicklung und Umsetzung von technischen, inhaltlichen, strukturellen und andere Lösungsansätzen für die sozial-ökologische Transformation und deren (Markt-)Durchdringung.
  2. Die Projektgesellschaft ist - nach der Anlaufphase - strategisch und wirtschaftlich weitgehend unabhängig von der Muttergesellschaft mit Kontroversen. Potenzielle Strategiewechsel (z.B. nachlassende Nachhaltigkeitsambitionen) der Beteiligungspartner würden sie nicht gefährden.

Güterabwägung

Im Sinne einer Güterabwägung sind in jedem Einzelfall die positiven Merkmale des Projekts mit den kontroversen Aspekten der Gesellschafter*innen abzuwägen.

Positiv bewerten wir auf Ebene der Gesellschafter das Vorliegen einer glaubwürdigen Nachhaltigkeitsstrategie, z.B. eine Perspektive für die Beendigung bzw. Umstellung zweifelhafter Geschäftsfelder (Produktionsverfahren und Güter) oder Geschäftspraktiken auf nachhaltige Alternativen. Folgende Betrachtungsparameter sind dabei relevant:

  • Umstellung ist Teil der Geschäftsstrategie der Gruppe, es liegen kurzfristige quantifizierte Managementziele (1-3 Jahre) und langfristige strategische Ziele (3-5 Jahre) vor.
  • Optionale Betrachtung: Der "Tone from the Top" verweist glaubwürdig auf die dauerhafte Umsetzung und Relevanz der Nachhaltigkeitsstrategie.

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