ÖkoSiedlung Friedrichsdorf
Wo Sonne zu Energie gefriert
Autor Dr. Dieter Koch
In der hessischen ÖkoSiedlung Friedrichsdorf wird Sonnenenergie in einen gigantischen, unterirdischen Eisspeicher eingespeist und so Wärme erzeugt. Ein wegweisendes Quartiers- und Energiekonzept!
Planerische Besonderheiten
Im hessischen Friedrichsdorf entstehen in zwei Bauabschnitten 350 Wohneinheiten in unterschiedlichen Wohnformen vom Einfamilienhaus über Miet- und Eigentumswohnungen bis hin zu öffentlich geförderten Seniorenwohnungen. Der Blick auf das Gesamtkonzept zeigt zahlreiche planerische Besonderheiten: In dieser zukunftsfähigen Siedlung wurden energetische, stoffliche, soziale und infrastrukturelle Aspekte des nachhaltigen, ressourcenschonenden Wohnens optimiert und miteinander vernetzt. So bietet das Quartier seinen künftigen Nutzer*innen Wohnformen für unterschiedliche Lebenslagen und bringt damit Bewohner*innen aus allen Altersgruppen zusammen. Die Infrastruktur umfasst unter anderem autofreie Wege, ein Sharing-Modell für E-Pkws und E-Bikes, eine Quartiers-App zur Vernetzung der Bewohner*innen, eine Kita, einen Park sowie weitere Orte der Begegnungen. Die Gebäude selbst werden mit nachhaltigen Baustoffen und Bauteilen erstellt.
Einige der genannten Planungsaspekte gehen zurück auf eine Wunschliste der Bewohner von Friedrichsdorf, die im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsprozesses ab 2010 in die Siedlungsplanung eingebunden wurden. Das Immobilienunternehmen FRANK erhielt 2015 den Zuschlag, insbesondere das innovative Energieversorgungskonzept überzeugte die Entscheider.
Innovative Energieversorgung
Anspruchsvolle Siedlungsprojekte integrieren heute immer häufiger regenerative Energiequellen wie Photovoltaik, Solar- und Geothermie in ihre Nahwärmenetze – oft in Verbindung mit einem energieeffizient arbeitenden lokalen Blockheizkraftwerk (BHKW). So auch die ÖkoSiedlung Friedrichsdorf. Mit einem gigantischen unterirdischen Eisspeicher als zentralem Element des Energie- und Technologie-Mix ging man technologisch noch einen Schritt weiter. Solare Energieüberschüsse werden in diesen zisternenartigen Behälter von 17 Meter Durchmesser und sieben Meter Höhe eingespeist und konserviert, sodass sie bedarfsgerecht genutzt werden können. Während der Heizperiode wird dem Wasser im Eisspeicher mittels Wärmetauscher die Wärme entzogen. Dabei friert der Speicher langsam zu. In der warmen Jahreszeit taut der Eisspeicher wieder auf, sowohl durch solare Energie als auch die umgebende Erdwärme. Im Herbst beginnt der Kreislauf von Neuem. Darüber hinaus entsteht beim Übergang von null Grad kaltem Wasser zu null Grad kaltem Eis eine natürliche Kristallisationsenergie. Diese Energie wird aus dem Eisspeicher an eine Großwärmepumpe weitergegeben, die im Verbund mit einem Gasbrennwertkessel für Spitzenlasten und einem BHKW das Nahwärmenetz der Gebäude speist. Weitere Wärmemengen liefern Solarluftabsorber – offene, unverglaste Kollektoren – und PVT-Systeme – Solarmodule, die sowohl Strom als auch Wärme erzeugen. Diese liefern mit dem BHKW auch den Strom zum Betrieb der Wärmepumpe. Die Wärmeversorgung der Haushalte wird als Energie-Contracting durch FRANK betrieben.
Auf den Punkt gebracht
- Innovation „Eisspeicher“ – zentrales Element im Energie- und Technologie-Mix
- ganzheitliche Siedlungsplanung ermöglicht ressourenschonendes Wohnen
- modulares Finanzierungsangebot der GLS Bank ermöglicht innovatives Energieversorgungskonzept
- fundiertes Experten-Know-how der GLS Bank als Pionierin im Bereich erneuerbarer Energien
Zwei Fragen
An Benedikt Leidorf, Abteilungsleiter Energiedienstleistungen bei FRANK
Wie kam es zur Projektpartnerschaft zwischen FRANK und der GLS Bank?
BL: Die GLS Bank ist seit einigen Jahren die Hausbank für unseren Bereich des Energie-Contractings. Die Wahl trafen wir seinerzeit aufgrund der Kombination von wirtschaftlichen Faktoren und einer sozial-ökologischen Orientierung, die mit unserer Haltung verwandt ist. So ließen sich Ökonomie und Ideologie gut miteinander verbinden.
Gab es außer den finanziellen Rahmenbedingungen noch weitere Entscheidungskriterien?
BL: Die Erfahrung der GLS Bank bei der Finanzierung regenerativer Energieprojekte für private und gewerbliche Versorgungskonzepte ist sicherlich hilfreich für unsere Partnerschaft.
Inhaltliche Kompetenz im Bereich von kleinen bis großen Energie-Contracting-Projekten, schnelle Reaktionsfähigkeit und konstante Ansprechpartner sind weitere positive Faktoren.
GLS Finanzierungsangebote von Wärme bis E-Mobilität
Das Kompetenzcenter Erneuerbare Energien der GLS Bank hat für das Energie-Contracting ein modulares Finanzierungsangebot entwickelt, mit dem die gesamte Bandbreite an Projektgrößen abgedeckt wird.
Größere Projekte mit einem Fremdfinanzierungsvolumen ab 500.000 Euro werden von der GLS Bank als eigenständige Projektfinanzierungen umgesetzt. So auch bei der ÖkoSiedlung Friedrichsdorf, deren Versorgungskonzept eine Finanzierung von rund 1,34 Millionen Euro zuzüglich Zuschusszwischenfinanzierung erforderte.
Sofern ein Contractor mehrere kleinere Heizungs-, BHKW- oder Mieterstromanlagen umsetzt, werden diese über eine Kontokorrentlinie vorfinanziert. Hieraus können Tranchen ab 250.000 Euro zunächst revolvierend auf Euribor-Basis (Drei-Monats- bis Zwölf-Monats-Euribor plus Marge) abgerufen werden. Sobald Projekte mit einem Fremdfinanzierungsvolumen ab 500.000 Euro umgesetzt
worden sind, können diese langfristig mit einer Laufzeit von ca. 15 Jahren umgeschuldet werden. Dieses Vorgehen ist für beide Seiten effizient und die Bündelung verschiedener kleiner Projekte in einer Gesellschaft sorgt für eine Risikostreuung.
Auf Wunsch kann die Energiefinanzierung der GLS Bank auch umweltschonende Mobilitätsangebote einbeziehen. Die Infrastruktur für Module von E-Mobilität bis Carsharing wird dann in die Finanzierung des quartierbezogenen Energie-Contractings integriert.
Branchenexpertise Energie