
Beerfelder Hof
Johann Gerdes verwirklicht in Brandenburg seine Vision einer regenerativen Landwirtschaft.
Stand: März 2024
In Berlin-Mitte würde Johann Gerdes mit seiner hellen Brille unter der Basecap und dem gestutzten Bart nicht weiter auffallen. Doch die Enge der Großstadt liegt ihm nicht. Auf dem Beerfelder Hof, eine Autostunde östlich von Berlin, kann Gerdes sich frei entfalten. Seit 2020 ist er Eigentümer des Biohofs am Rande der Märkischen Schweiz. Um seine Vorstellung von einer zukunftsfähigen Landwirtschaft umzusetzen, sucht er beharrlich nach neuen Lösungen, probiert den Anbau von Kichererbsen aus oder errichtet für seine Rinder einen Windschutz aus Strohballen.
Weniger Risiko für Ernteausfälle
Während auf dem Großteil deutscher Ackerflächen – laut Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft auf 75 Prozent – nicht mehr als fünf Fruchtarten wachsen, sind es bei Johann Gerdes jedes Jahr zwischen 15 und 20. So versucht er, Schwankungen auf den Märkten abzufedern, und senkt gleichzeitig das Risiko von Ernteausfällen. Brandenburg gehört zu den trockensten Regionen Deutschlands und die Böden sind nicht die besten. Entsprechend gemischt waren die Reaktionen aus seinem Umfeld, als Gerdes den Betrieb zur Übernahme angeboten bekam: „Renommierte Agrarökonomen haben gesagt, das ist unter den Klima- und Bodenbedingungen ein ziemliches Himmelfahrtskommando.“ Doch er habe mehr die Potenziale gesehen als die Risiken.
Neues ausprobieren
Damals verabschiedet er sich mangels Eigenkapital davon, sich selbstständig zu machen. Um seine Vorstellungen von Ökolandbau dennoch umzusetzen, arbeitet er als Betriebsleiter auf großen Höfen in Brandenburg. Er ist gerne angestellt, aber „die Konsequenzen für sein Handeln komplett selber zu spüren, ist schon gut“, sagt er im Nachhinein. Als ihm ein befreundeter Landwirt überraschend seinen Betrieb anbietet, überlegt Gerdes daher nicht lange. Die Zahlen stimmen und die Standortnachteile kennt Gerdes aus eigener Erfahrung: „Ich benötigte nur die Zustimmung der GLS Bank, um ohne viel Eigenkapital in die Fußstapfen meines Vorgängers zu treten.“ Der Hof folgte bereits seit vielen Jahren den Standards von Naturland. Johann Gerdes wollte zusätzlich die Zertifizierung durch Demeter – aus seiner Sicht der konsequenteste Ansatz für Ökolandbau.
Lohnend fürs Lebensgefühl
Das Futter für die Kühe kommt direkt vom Hof. Klee, Luzerne und Gräser, die Gerdes anbaut, um den Ackerböden im Wechsel ein paar Jahre Ruhe zu gönnen, kann er für die Rinder verwerten. Auch über die Kartoffeln, die er nicht verkaufen kann, freuen sich die Tiere. So schließt sich ein Kreislauf. Die Demeter-Zertifizierung hat er längst. Auf seinen inneren Kompass hört der Landwirt auch, wenn es darum geht, ob sich sein Betrieb lohnt: „Rein finanziell nicht, aber für mein Lebensgefühl lohnt es sich fast jeden Tag.“ Johann Gerdes hat eine Tochter. Auch an sie denkt er, wenn er sagt: „Es ist nicht mein Anspruch, möglichst viel Geld herauszuziehen, damit ich meinen Nachfahren ein großes Vermögen übergeben kann.“ Lieber möchte er einen gesunden Betrieb hinterlassen, in dem mit den natürlichen Ressourcen verantwortungsvoll umgegangen wird.
Mehr über den Bio-Hof lesen in unserem Blogbeitrag.
Fotos: Jule Frommelt