Finanzen mit Werten: Fair Finance Week in Frankfurt
Wie können wir unser Geld sinnvoll nutzen? Eine Woche rund um nachhaltiges Geld: Vom 28. bis zum 30. Oktober trafen in Frankfurt bei der Fair Finance Week Expert*innen und Gäste aufeinander, die diese Frage bewegt. Die Antworten und Events haben wir für Dich aufgezeichnet. Hier geht es zu den Links und dem Überblick der Debatten.
„Geordnetes Schrumpfen oder Chaos“ – Taz-Autorin Ulrike Herrmann zeichnet klaren Weg für die Wirtschaftsentwicklung
Eigentlich war das Motto des Abends „Da war doch was – Wo sind unsere Werte geblieben?“. Ulrike Herrmann hatte als Impulsgeberin einen anderen Fokus. Sie stellte zu Beginn klar, dass die Idee von grünen Renditen, grünem Wachstum und einer grünen Finanzwirtschaft gescheitert sei.
Als Symbol dient ihrer Meinung nach das E-Auto. „Es ist die Idee, dass alles bleibt wie es ist“, sagt sie. Einfach neuen Antrieb rein und fertig. Die Infrastruktur, unsere Gewohnheiten, unsere Art der Mobilität könnten einfach weitergehen. Ein Trugschluss.
Sowohl beim E-Auto als auch übertragen auf die gesamte Weltwirtschaft sei dieses Vorgehen illusorisch. „Der simple Grund ist: Die Ökoenergie wird nicht reichen, um unsere Wirtschaft plus Wachstum zu befeuern,“ argumentiert sie. Grünes Wachstum sei eine schöne Idee, werde aber „nicht funktionieren“.
Ihre wichtigste These des Abends: Wir könnten uns aktuell aussuchen, ob wir geordnet schrumpfen und so weniger CO2 emittieren oder unsere Wirtschaftsweise chaotisch endet.
Harte Prämissen für die Mitdiskutanten Kevin Schaefers vom Corporate Responsibility Interface Center (cric), Grünen-Politiker und Kämmerer der Stadt Frankfurt, Bastian Bergerhoff, sowie FAZ-Redakteur und Moderator Philipp Krohn.
Keine Wirtschaft, wie wir sie heute kennen? Das klang in den Ohren von Schaefers und Bergerhoff schnell nach einem „Doomsday“ – einem Tag, an dem eine globale Katastrophe ausbricht. Schaefers glaube nicht, dass die Wirtschaft zusammenbricht. Der Vorstand von cric würde hier eher auf eine sinnvolle Klimapolitik setzen und „mal abwarten, wie die Welt in 50 Jahren aussieht“.
Bergerhoff verweist auf die Notwendigkeit der Hoffnung, um die aktuelle Lage auszuhalten und auch dagegen vorzugehen. Die Wachstumskritik halte er für wichtig. Jedoch müssten die notwendigen Veränderungen für die Bürger*innen auch emotional auszuhalten sein. „Wir sollten immer glauben, wir schaffen es - ohne uns dabei selbst zu belügen.“
Die gesamte Debatte kannst Du online nachschauen: Fair Finance Week: Da war doch was – Wo sind unsere Werte geblieben? - YouTube
Mehr Informationen dazu
- Das aktuelle Buch von Ulrike Herrmann, Das Ende des Kapitalismus - Ulrike Herrmann | Kiepenheuer & Witsch
 - Bastian Bergerhoffs Website: Bastian Bergerhoff – GRÜN in Frankfurt
 - Kevin Schaefer von cric e.V. – Das macht der Verein cric e.V.
 - Das aktuelle Buch von Philipp Krohn, Ökoliberal – Warum Nachhaltigkeit die Freiheit braucht
 
Toxisch reich oder toxisch kompliziert? Wie sich Steuergerechtigkeit und Steuerpolitik im Weg stehen
800 Kilogramm CO2-Emissionen – das verursacht eine überreiche Person an einem Tag. Dem gegenüber steht eine Person aus der ärmsten Hälfte der Bevölkerung. Sie verbraucht so viel CO2 in 365 Tagen, also einem Jahr. Das zeigt der aktuelle Bericht der Menschenrechtsorganisation Oxfam, der mit „Klimakluft“ überschrieben ist.
Ungleich verteilter Reichtum und Ressourcen stellen damit sowohl aus demokratischer, als auch klimapolitischer Perspektive ein großes Problem dar. Da sind sich Leonie Petersen von Oxfam und Peter Reese von der Initiative für Steuergerechtigkeit taxmenow einig.
Sie stehen beim Thema „Toxisch reich – zu viel Geld in wenigen Händen“ Daniela Karbe-Geßler gegenüber. Sie ist Juristin und vertritt an diesem Abend den Bund der Steuerzahler. In ihrem Impulsvortrag zu Beginn geht sie darauf ein, dass es in Deutschland mit Blick auf Vermögen zwei wesentliche Probleme gibt: Menschen ohne Immobilieneigentum und der fehlende Anteil von Menschen, die in den Aktienmarkt investieren.
Bei der Frage nach der Umverteilung ginge es meistens um zwei politische Instrumente: 1. Die Erbschaftssteuer und 2. die Vermögenssteuer. Während letztere seit 1997 ausgesetzt ist, gibt es bei der Erbschaftssteuer eine Option, die immer wieder heikel diskutiert wird. So können Unternehmen steuerfrei übergeben werden.
Stichwort sei hier die „Verschonungsbedarfsprüfung“. Daran sei aber gekoppelt, dass die Arbeitsplätze gesichert blieben, so Karbe-Geßler. Wie das genau nachgewiesen wird, blieb an diesem Abend offen.
Diese Steuergeschenke sind Peter Reese von taxmenow ein Gräuel. Er engagiert sich dafür, dass reiche Personen angemessene Steuern zahlen müssen. Auslöser war seine Erfahrung, als er durch den Verkauf der Onlineplattform Verivox zu Geld kam. Plötzlich bekam er Angebote von „Finanzberatern“, die ihm steueroptimierte Konstruktionen in fremden Ländern anboten. Das Ziel: Keinerlei Steuern zahlen.
„Dabei haben und ich meine Mitgründer diesen Reichtum erst erlangt, weil wir hier die Infrastruktur, die Schulen und Unis nutzen konnten“, sagt er. Keine Steuern zu zahlen war für ihn keine Option.
Leonie Petersen gab zu bedenken, dass unfaire Steuerpolitik die Demokratie gefährdet. Sie verweist auf die Vermögenskonzentration – also dem Effekt, dass reiche Menschen immer reicher werden. „Jeden Tag steigt das globale Vermögen von Milliardären und Milliardärinnen um zwei Millionen Dollar.“
Welche Folgen das hat, sehe man in den USA. Hier besteht das Kabinett aus Überreichen, die den Staat zu ihren Gunsten umwandeln und den Sozialstaat aushöhlen. Moderiert wurde der Abend von der Nachhaltigkeitsexpertin Heike Leitschuh.
Hier findest Du die Fair Finance Week: Toxisch reich – zu viel Geld in wenigen Händen - YouTube
Mehr Informationen dazu
- Die Arbeit von taxmenow Initiative für Steuergerechtigkeit taxmenow
 - Wir sind die Bürgerbewegung Finanzwende. Mach mit! (Kooperationspartner von taxmenow)
 - Oxfam-Bericht: Klimakluft: Wie Reiche das Klima belasten | Oxfam Deutschland