02.12.2008

Alternativbanken fordern 8-Punkte-Plan

Bochum, 02.12.2008. Auf Einladung der Internationalen Association for Investors in Social Economy (INAISE) trafen sich Vorstände und Direktoren der europäischen alternativen Banken in Frankfurt. Gemeinsam wurde ein 8-Punkte-Plan mit folgendem Inhalt und Zielen erarbeitet.

1. Es muss künftig eine klare Ausrichtung aller Finanzdienstleister auf die Bedürfnisse der Realwirtschaft und damit die Konzentration auf diese Dienstleistungen geben. Maßstab muss die deutliche Reduktion von nicht der Realwirtschaft dienenden Finanzinstrumenten sein.

2. Neben der konsumgüterorientierten Inflationsbekämpfung sollte die internationale Währungsstabilität auch Inflationsrisiken bei Vermögenswerten einbeziehen (Beispiel: Immobilienblase USA).

3. Es muss ein klarer Auftrag an die Staatengemeinschaft erfolgen, wirkliche Anstrengungen zu unternehmen, um sogenannte „offshore Finanzplätze“ zu schließen und regulatorische Unterschiede weitestgehend abzubauen. Damit ist gewährleistet, dass Finanzinnovationen, die ausschließlich diese Unterschiede ausnutzen, gegenstandslos werden.

4. Die in den nationalen Aufsichtsregeln verankerten Größenmerkmale für die Systemrelevanz von Instituten sollen auch auf die globale Finanzwirtschaft übertragen werden. Es muss vermieden werden, dass Finanzinstitutionen entstehen, deren Größe im Krisenfall alleine ausreicht, das System zusammenbrechen zu lassen. Aus den Ereignissen in Island sollten entsprechende Lehren gezogen werden.

5. Die Regelungen für Rating-Agenturen sollen auf die Beseitigung von Interessenkonflikten abzielen. Ebenso wie die gerateten Unternehmen selbst sollen auch Rating-Agenturen der Finanzaufsicht unterliegen.

6. Die Transparenzregeln in Finanzdienstleistungsgeschäften haben den hier formulierten, ordnungspolitischen Rahmenbedingungen genüge zu tun und nicht ihrerseits einer Überforderung aller Marktteilnehmer darzustellen.

7. Einfache Produktgestaltung, die sich sowohl auf die Wirkungsweise als auch auf die vertraglichen Bedingungen konzentriert. Transparenz ist nicht nur der Schlüssel zur Lösung der derzeitigen Krise, sondern vor allem zur Vermeidung künftiger Krisen.

8. Neben diesen, eher auf die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen abzielenden Vorschläge bedarf es einer breiten Aufklärungs- und Bildungskampagne zu finanzwirtschaftlichen Themen. Die Art und Weise wie Geld angelegt wird, verzinst und verwendet wird und unsere Gesellschaft gestaltet, muss in viel stärkerem Maße in das öffentliche Bewusstsein gelangen.

Gefordert wird der 8-Punkte-Plan von folgenden Vertretern des sozialökonomischen Bankings: der Banca Etica (Italien), Cultura Bank (Norwegen), Ecological Building (Großbritannien), Ekobanken (Schweden), Freie Gemeinschaftsbank (Schweiz), GLS Bank (Deutschland), Merkur Bank (Dänemark) und Triodos Bank (Deutschland).

Alle diese Banken sind zurzeit äußerst gefragte Partner in Fragen der Nachhaltigkeit von Finanzanlagen und insbesondere der qualitativen Prüfung von Investitionen. Auch sind es gerade die alternativen Banken in Europa, die sich mit beträchtlichen Wachstumsraten seit Jahren sehr gut entwickeln. Inzwischen verfügen diese Banken über ein gemeinsames Bilanzvolumen von mehr als 8 Milliarden Euro und betreuen ca. 150.000 Kundinnen und Kunden mit über 1.000 Mitarbeitern.

Wie GLS Bank-Vorstand Andreas Neukirch erläuterte, wurde durch die Konferenz deutlich, dass es zwar unterschiedliche Entwicklungen in den europäischen Staaten gibt, dass aber gerade die Alternativbanken Europas Beiträge leisten können für eine werteorientierte Weiterentwicklung des Finanzsystems. „Die europäischen Banken sehen sich in dieser Aufgabe nun gefordert und werden ihre Beiträge verstärken, um die neuen Entwicklungen voranzutreiben. Wir sehen uns als ‚best practice Beispiel’ für eine fortschrittliche Bankarbeit“, so Neukirch, der auch einer der Vorstände von INAISE ist.

Neben den nun beschlossenen Punkten wurde zudem vereinbart, gemeinsam mit dem World Future Council, das Jakob von Uexküll ins Leben gerufen hat, den politischen Entscheidungsträgern aktiv globale Rahmenbedingungen für die neue Finanzwirtschaft im Sinne von ‚best policies’ näher zu bringen.

Vorstand Andreas Neukirch berichtete im Anschluss an die Konferenz über die sehr gelungene Arbeit und freute sich, dass die beteiligten Banken sowohl in den jeweiligen Ländern als auch im Rahmen von INAISE gemeinsam und koordiniert ihre Ideen weiterentwickeln und den öffentlichen Diskurs suchen werden.